«Rot-Grün könnte in Zürich ganz abräumen», Ausgabe vom 28. Januar

Mit Erstaunen las ich den Artikel zu den Stadtzürcher Wahlen, der einer Kampfschrift gegen die Linken glich. Während die Bürgerlichen in einer Opferrolle und nur positiv dargestellt werden, wird über die Kandidierenden der Linken – namentlich Simone Brander (SP) und Dominik Waser (Grüne) – in unwürdiger Art und Weise hergezogen. Statt sich mit den politischen Positionen von Waser auseinanderzusetzen, wird er als «Sohn, der neben den Eltern posiert», bezeichnet. Der Autor des Artikels behauptet zudem, dass die Grünen die Jungen nicht abholen können. Dass die Jungen Grünen bei den Nationalratswahlen 2019 stärkste Jungpartei wurden und die Grüne Welle – gemäss Studien stark von jungen Wählerinnen und Wählern getragen – weiter anhält, scheint der Autor zu ignorieren. Schliesslich stellt er Wasers Führungserfahrung in Abrede, über welche er durch den Aufbau einer GmbH durchaus verfügt. Von den sechs rot-grünen Städten sind drei mit Vertreterinnen und Vertretern der GLP nach wie vor bürgerlich regiert. Bei den Stadtzürcher Wahlen können die Bürgerlichen, anders als im Artikel dargestellt, nicht aus der Regierung fliegen, da für die neun Sitze lediglich acht Linke kandidieren.

Ich bin sehr gespannt, wie CH Media über die Zuger Regierungswahlen schreiben wird, bei der die Mehrheitsverhältnisse genau umgekehrt sind. Nachdem die CVP in mehreren Anläufen 2013 die Majorzwahl durchdrückte, welche den grössten Parteien noch bessere Wahlchancen einräumt, gelang es ihr 2018, den einzigen linken Sitz in der Zuger Regierung wegzuschnappen. Diesen Sitz beansprucht die Mittepartei auch bei den Wahlen 2022, wodurch weiterhin 30 Prozent der Zuger Bevölkerung nicht in der Regierung vertreten wären. Anders als in Zürich kandidieren in Zug auch mindestens sieben Bürgerliche für die sieben Sitze. Eine solche Wahlkampfschrift ist einer unabhängigen Zeitung unwürdig.

Konradin Franzini, Rotkreuz

(Zuger Zeitung, 02.02.2022)