Votum gegen die Ergreifung des Kantonsreferendums gegen die Individualbesteuerung
Sehr geehrter Präsident,
werte Damen und Herren der Regierung
geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Gäste und Medienschaffende
Ich danke der Finanzdirektion für die Unterlagen und der Kommissionspräsidentin für die Führung durch die kurze Sitzung.
Wie wir alle wissen, ist das Kantonsreferendum bereits Tatsache. Dennoch ist es wichtig, über seine Auswirkungen zu sprechen.
Leider wurde in der Kommission nicht wirklich inhaltlich über die Individualbesteuerung diskutiert, da es formal «nur» um das Kantonsreferendum gehe. Doch so einfach ist es nicht. Das aktuelle System auf Bundesebene wird geändert – das hat das Bundesgericht entschieden. Dreimal hat die Bundesversammlung in den letzten Jahren den Auftrag erhalten, die Ehepaar- und Familienbesteuerung zu modernisieren. Nun steht das Parlament vor der Wahl zwischen zwei Optionen: der Individualbesteuerung oder der Initiative der Mitte mit dem Splittingverfahren. Eine dieser beiden Varianten wird kommen. Alle die etwas anderes behaupten schenken der Bevölkerung keinen reinen Wein ein. Mit der Individualbesteuerung liegt nach langjähriger Arbeit endlich ein Kompromiss auf dem Tisch.
Die Fraktion Alternative-die Grüne und CSP ist überzeugt, dass mit der beschlossenen Vorlage ein grosser Schritt hin zu einer gerechten, zeitgemässen Steuerpolitik gemacht werden kann. Weshalb ist das so:
- Die Heiratsstrafe wird endgültig abgeschafft – und zwar mit einer zivilstandsneutralen Lösung, die alle gleichbehandelt.
- Es ist höchste Zeit, die Benachteiligung von Doppelverdienenden zu beseitigen. Jeder Lohn wird für sich besteuert – unabhängig vom Einkommen der Partnerin oder des Partners. Das ist fair und entspricht dem Gleichheitsprinzip. Zudem gibt es in der Schweiz mehr als doppelt so viele Zweiverdiener-Ehepaare wie Einverdienerhaushalte.
- Die Reform setzt echte Erwerbsanreize. Gemäss Bund würden über 40’000 neue Fachkräfte – vor allem Frauen – in den Arbeitsmarkt eintreten. In Zeiten von Fachkräftemangel ist das volkswirtschaftlich zentral. Gleichzeitig stärkt die Reform die ökonomische Eigenständigkeit von Frauen.
Natürlich hat die Reform ihren Preis. Doch dieser ist deutlich tiefer als beim Splittingmodell. Zudem sind die Steuerausfälle eine Investition in Gleichstellung und in unseren Arbeitsmarkt. Und sie sind verkraftbar: 49 Prozent der Bevölkerung werden entlastet, 35 Prozent bleiben unverändert, nur 14 Prozent tragen eine Mehrbelastung. Insgesamt ergibt das eine klar positive Bilanz.
Zum Vergleich: Ein Vollsplitting würde den Bund 2 bis 3 Milliarden Franken kosten oder eine Steuertariferhöhung notwendig machen. Der Beschäftigungseffekt wäre mit höchstens 9’000 Vollzeitstellen marginal. Die Individualbesteuerung hingegen verursacht rund 600 Millionen Ausfälle – bringt aber 44’000 neue Fachkräfte. Die Unterschiede sind eindeutig und die zusätzlichen Fachkräfte werden die Ausfälle mit zusätzlicher Einkommenssteuer noch weiter verringern.
Der Regierungsrat führt in seiner Begründung an, die Umstellung auf die Individualbesteuerung sei teuer und personalintensiv. Auffällig ist, dass dieses Argument immer dann vorgebracht wird, wenn es um Gleichstellung geht – während gleichzeitig auf Bundesebene Milliarden für die Armee problemlos gesprochen werden. Sobald es um Gleichstellung geht, ist es plötzlich «zu teuer». Dieses Muster kennen wir bereits aus der Debatte um das Frauenstimmrecht: Auch damals hiess es, die Einführung sei «zu aufwändig» und «zu teuer».
Sowohl aus finanzieller wie auch aus gleichstellungspolitischer Perspektive spricht alles für die Individualbesteuerung. Umso mehr stellt sich die Frage, weshalb gerade konservative Kräfte diese Vorlage blockieren wollen. Geht es darum, ein Familienmodell zu zementieren, in dem der Mann verdient und die Frau unbezahlt Haus- und Care-Arbeit leistet?
Abschliessend zur Argumentation des Regierungsrates, der die Beschäftigungsimpulse anzweifelt: Der Kanton Zug zeigt wie kein anderer, dass Steuersysteme Lebensentscheidungen prägen. Gute Rahmenbedingungen bestehen nie nur aus einer Massnahme, aber die Individualbesteuerung ist – neben Elternzeit und bezahlbaren Kitas – ein zentraler Hebel, um Frauen in den Arbeitsmarkt zurückzubringen und Lohnunterschiede sowie Rentenlücken nachhaltig zu verringern.
Darum bin ich überzeugt: Die Individualbesteuerung ist der richtige Weg – politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Sie ist das Resultat eines breiten Kompromisses von FDP über GLP, SP bis zu uns Grünen. Und sie bringt, was kein anderes Modell bringt: zivilstandsneutrale Besteuerung, klare Erwerbsanreize und echte Gleichstellung.
Die ALG/CSP-Fraktion unterstützt deshalb den Antrag auf Nichteintreten einstimmig.
Besten Dank.
Votum Konradin Franzini, Kantonsratssitzung vom 2. Oktober 2025